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Was bedeutet zirkuläres Bauen?

MATERIALISIERUNG | Für den CircularTower werden, wo möglich, erneuerbare und baubiologisch optimale Baustoffe verwendet, die sich bereits im Kreislauf befanden. Im Falle von Holz kann so beispielsweise ein angenehmes Raumklima erzeugt und durch die erneute Nutzung eine Verbrennung und die Freisetzung des darin gespeicherten CO2 verhindert werden. Wo dies nicht umsetzbar ist, beispielsweise in der Gebäudetechnik, wird ein hoher Anteil recyclierter Rohstoffe und Schadstofffreiheit sichergestellt.

WIEDERVERWENDUNG | Bestehende Bauten werden im zirkulären Bauen als wertvolle Rohstofflager betrachtet. Im CircularTower werden beispielsweise Fenster aus rückgebauten Gebäuden – nach dem Prinzip des «Urban Mining» – eingesetzt. Ist die direkte Wiederverwendung nicht möglich, gibt es vielseitige Einsatzmöglichkeiten bestehender Materialien in neuer Form. So werden für die Wärmedämmung rezyklierte Materialien, wie Zellulose, Baumwollgewebe und Stroh, genutzt. Für weitere, innovative Materialien und Methoden stehen Testflächen zur Verfügung – beispielsweise für den Einsatz von rezyklierten Getränkekartons als Fassadenverkleidung.

ZERLEGBARKEIT | Eine spätere Wiederverwendung von Beginn an mitzudenken und insbesondere Verbindungsstellen entsprechend zu planen, dies umfasst der Grundsatz «Design for Disassembly». Schraub- und Steckverbindungen verhindern im CircularTower beispielsweise Qualitätsverluste durch Verleimung. Andere Materialien wie Steinwolle zur Trittschalldämmung oder Schüttungen aus Bauschutt sind direkt wiederverwendbar.

Erneuerbare Energien und nachhaltige Wassernutzung

STROMPRODUKTION UND -SPEICHERUNG | Solar- und Windenergie machen den CircularTower über seine Lebensdauer klimaneutral. Die für die Erstellung benötigte Energie kann durch einen Überschuss an produziertem – im Vergleich zum voraussichtlich verbrauchten – Strom amortisiert werden. Dach- und Fassadenphotovoltaik dient neben der Stromproduktion auch als Sonnenschutz und der Erprobung verschiedener Modultypen, integriert in die Gestaltung der Gebäudehülle. Um die Einbringung grosser Forschungsobjekte im obersten Geschoss des Gebäudes zu ermöglichen, ist ein Teil der Dachmodule verschiebbar. Eine Windkraftanlage ermöglicht Tests innovativer Windenergiekonzepte. Insbesondere im Winter soll diese auch einen relevanten Teil des betrieblichen Energiebedarfs decken.

Mit einer bidirektionalen Ladestation kann überschüssige Energie in einem Elektrofahrzeug gespeichert und bei Bedarf wieder ins Gebäude zurück gespiesen werden. Der Eigenverbrauch wird durch den Zusammenschluss mit anderen Gebäuden auf dem Gelände, wie dem benachbarten Bildungszentrum Solartechnik, lokal optimiert.

WÄRME | Für die Wärmegewinnung wird ein innovatives Verfahren eingesetzt. Die obere Erdwärme wird über druckresistente, wasserführende Rohre in den Schraubfundamenten des Gebäudes als Wärmequelle für die Wärmepumpe genutzt. Über die Lüftungsanlage wird im Winter nutzungsoptimiert geheizt. Im Sommer wird warme Abluft über die Schraubfundamente abgegeben und zur Regeneration der oberen Erdwärme verwendet. Am Ende der Lebensdauer des Gebäudes kann das System ohne bleibende Eingriffe im Boden zurückgebaut werden. Die Gebäudekühlung in den Sommermonaten wird unterstützt durch die Begrünung der Fassade.

WASSERKREISLÄUFE | Eine dezentrale Wasserbehandlung schliesst im CircularTower Wasser- und Nährstoffkreisläufe. Der Trinkwasserverbrauch wird durch die Sammlung von Regenwasser und die Aufbereitung von Grauwasser minimiert. Regenwasser wird in einem Sumpflanzenbecken gesammelt und gereinigt. Zusammen mit dem aufbereiteten Grauwasser aus den Handwaschbecken wird das Regenwasser zur Speisung der Toilettenspülungen verwendet.

Als Erweiterungen des Grundsystems sind je nach zukünftigem Bedarf auch die Aufbereitung des Grauwassers aus weiteren Quellen wie Küche oder Dusche vorgesehen. Die Trennung des Urins vom übrigen Abwasser ermöglicht die Rückgewinnung von wertvollen Ressourcen, wie Phosphor und Stickstoff, und die Aufbereitung dieser Nährstoffe zu Pflanzendünger.

 

 

Biodiversität: Das Gebäude als Lebensraum

UMGANG MIT NATÜRLICHEN RESSOURCEN | Ein Gebäude ist immer ein Eingriff in die Natur. Bau und Betrieb des CircularTower sind auf einen schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen ausgerichtet. So beschränken rückbaubare Schraubfundamente und durchlässige Bodenbeläge im Aussenraum die Versiegelung des Bodens auf ein Minimum. Der Baumbestand um das Baufeld herum wird erhalten. Ein einzelner Baum, der dem Gebäude weichen muss, wird vor Ort wiederverwendet und durch eine ökologisch wertvollere Ersatzpflanzung auf dem Gelände ersetzt.

Durch die Nutzung von Regenwasser und das Schliessen von Kreisläufen wird auch die Ressource Wasser bewusst und sparsam verwendet. Nach Ende der Lebensdauer des CircularTower soll der Bau eine – gegenüber dem aktuellen Zustand – ökologisch aufgewertete Fläche hinterlassen.

LEBENSRÄUME | Durch bewusste Vernetzung und Erweiterung von bestehenden Lebensräumen von Tieren und Pflanzen fügt sich der CircularTower in seine lebendige Umgebung ein. Mit Nisthilfen an der Gebäudefassade trägt er beispielsweise zur Vergrösserung der Brutplatzangebots für Mauersegler bei. Die vertikale Begrünung dient Schmetterlingen, Insekten und Vögeln als Nahrungsquelle und Rückzugsort.

Im Aussenraum erweitern einheimische Pflanzen den bestehenden Uferbereich entlang des angrenzenden Bachs. Stein- und Asthaufen ermöglichen weitere Lebensräume, insbesondere für Reptilien. Extensiv bewirtschaftete Wiesenbereiche bieten Nahrung für Hummeln, Wildbienen und weitere Insekten.

Die Gefährdung von Tieren durch das Gebäude wird mit der Verwendung tierfreundlicher Lichtmittel, einer entsprechenden Gestaltung der Fenster und einer automatischen Abschaltvorrichtung der Windenergieanlage vermieden.